Petra Abroso setzt sich in ihren Arbeiten mit grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz  auseinander, die in unserer krisenerschütterten und von Widersprüchen gekennzeichneten Zeit umso virulenter erscheinen. In Anlehnung an den Begriff „Resonanz-Raum“ nennt sie ihre Ausstellung “Ambivalenz-Raum“ - und in einem solchen meint man sich insgesamt auch zu befinden, wenn man den Kunstraum betritt. Man begegnet viel Sprache auf den Bildern der Künstlerin. Petra Abroso legt ihren Arbeiten die Erkenntnis zugrunde, dass „das Sehen eng mit unserem Denken verbunden ist und dieses sich durch Sprache ausdrückt.“  (Zitat Petra Abroso).

 Damit lassen sich die Arbeiten der Künstlerin in einer langen Tradition verorten: Begriffe als Ausdruck fließender Kombinatorik von Kommunikation, Abbild und Vorstellung finden sich beispielsweise in vielen Arbeiten des Fluxus-Bewegung.

Kurze Texte als Kernelement von Kunstwerken (etwa in Form provokanter oder poetische Botschaften) oder Text als eingebetteter Bestandteil von Mixed-Media-Arbeiten oder Installationen sind in der Kunst der Moderne längst ein gängiges Mittel der Wahl, insbesondere in der Konzeptkunst und politisch-aktivistischer Kunst.

 Nicht zuletzt halten wir eine enge Verflechtung von Wort und Bild im Internet-Zeitalter  ganz unreflektiert als allgegenwärtiges  Mittel der Kommunikation und - in welchem Umfang auch immer - Information für selbstverständlich.

Das Besondere der Malerei Petra Abrosos ist, dass schon stilistisch eine große Einheit besteht in der Behandlung der Wortbilder einerseits und der zeichnerisch angelegten reduzierten Bildmotive, die bisweilen auch als hybride Kombination aus Bildmotiv und Schrift auftreten können. Der Stärke der Botschaft auf der semantischen Ebene steht eine Betonung der Materialität gegenüber: Häufig wird auf eine dicke dunkle Farbschicht, die durch den Malprozess entstandene reliefartige Unebenheiten aufweist, eine hellere Farbschicht aufgetragen, in die die Konturen eingeritzt werden, woraufhin die Motive in dünnen Farbschichten vervollständigt werden – akribisch und sorgfältig in der Ausführung und dennoch das Handwerkliche betonend. Konsequent ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Übergänge von Bildträger zu Objekt mitunter fließend sind - Fundstücke etwa als Schrift-/Bildträger und Objekt selbst funktionieren (wie etwa im Fall der auf einen Handspielgel geschriebenen Erkenntnis „meine Fresse“ ), oder eine serielle Anordnung kleinformatiger runder Leinwände mit dem Motiv eines Flügels des deutschen Bundesadlers, die an Medaillen oder Münzen gemahnen. Mit der scheinbar simplen kulturellen Konnotation des Wappentiers Adler, das für dynastische Herrschaftsmacht oder Nationalismus, aber zugleich in der konkreten Ausführung für Demokratie und gesellschaftlichen Konsens stehen kann, sind wir mittendrin im Kosmos der Künstlerin und ihrem Verfahren, mit scheinbar einfachen Mitteln komplexe Zustände auf den Punkt zu bringen – wobei tiefer Ernst durchaus neben Kauzigem/ Humorigen stehen kann, und  es nicht selten um die komplexe Verflechtung von kollektiven und individuellen Erfahrungen und Emotionen geht.

Der seriellen Variation von Motiven mit kleinsten Abweichungen steht eine für die Ausstellung bedeutsame Reihe von Wort-Bildern gegenüber, bei denen die Künstlerin mit kleinstmöglichen „Eingriffen“ eine größtmögliche Bedeutungsänderung bewirkt, wie etwa durch Austausch oder Weglassen eines Buchstabens (Schmerz-Scherz). Der Grundzustand der Ambivalenz wird durch das Nebeneinander der gegensätzlichen Begriffe unmittelbar veranschaulicht: "Dazwischen scheint nicht viel zu liegen, und so verstärkt sich der Zwiespalt - zwischen Erkenntnisund Zweifel, Wunsch und Wirklichkeit, Sinnsuche und Sinnentleerung, Vernunft und Wahnsinn usw."(P.A.)


In einer bemerkenswerten Arbeit machen auf verschiedenen Bildern angeordnete, phrasenhafte adverbiale Satzfragmente und Verben (auf der langen Bank, nach langer Weile,  sterben-streben) ein “Denkangebot“ als schwebende Syntax, die Zeit und Endlichkeit in unauflösbarer und somit nicht wirklich befriedigender Weise – zumindest dann, wenn man als Betrachter innerhalb einer  "kurzen Weile“ nach endgültiger Erkenntnis strebt - thematisiert. Es macht Freude, das auf sich wirken zu lassen.


Flankiert werden die visuellen Arbeiten durch eindringliche Audios, die die Künstlerin selbst spricht. Auch hier arbeitet sie mit Wiederholungen und kleinen Modifizierungen oder Gegensätzen.

Einfache „Wahrheiten“, Phrasen oder Wörter werden durch Modulation in der Artikulation befragt bzw. beschworen, und ein akustischer Sog zieht uns mit  Monotonie oder Theatralik (Geräusche, Musik, Verzerrung) mitunter auf beklemmende Weise in existenzielle Fragestellungen hinein.